Das Röhrenmeßgerät Funke W19 - Aufbau und Arbeitsweise

Entwurf eigener Prüfkarten

Max hat die Produktion Mitte der sechziger Jahre eingestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt waren noch nicht für alle am Markt befindlichen Röhren Prüfkarten erstellt. Das W19 ist technisch zwar in der Lage eine Vielzahl weiterer Röhren zu prüfen, es fehlen jedoch die passenden Karten.

Es ist durchaus möglich, selbst Prüfkarten zu entwerfen. Die Vorgehensweise ist wie folgt:

Das W19 stellt folgende Komponenten bereit:

- Anodengleichspannungen: 10, 30, 60, 100, 150 und 200 V
- Anodenwechselspannungen: 10, 30 60, 100 und mehr als 100 V
- Hilfsgitterspannungen: 10, 30, 60, 100 und 150 V
- Heizspannungen in Stufen von 0,7 bis 117 V
- Messbereiche: 1; 2,5; 5; 10; 25; 50; 100 und 250 mA
- Fassungen für alle gängigen europäischen Röhren

Die Prüfstifte sorgen für die korrekte Auswahl der Spannungen und deren Anschaltung an die Fassung. Wie man das macht, zeige ich am Beispiel der Karte 148 für die EL 84.

1. Schritt: Auswahl der Heizspannung
Die EL 85 benötigt 6,3 V für die Heizung. Aus der Tabelle der möglichen Heizspannungen ergibt sich die Prüfstiftkombination 39+45. Mehr ist hier nicht zu tun, da die Heizung an alle Fassungen fest angeschlossen ist erhält die Novalfassung automatisch die gewählte Heizspannung.

2. Schritt: Verbindung der Pins mit den Prüfspannungen
Hierzu betrachten wir zunächst die Sockelschaltung der EL 84 und im Vergleich dazu die Novalfassung des W19 (Seite 17 der Bedienungsanweisung). Max hat die Pins, die nicht Heizung sind, in seinem Sinne numeriert. Die Nummern der Pins korrespondieren mit den Nummern der Prüfstiftfelder des Kreuzschienenverteilers.

No020

Sockelschaltung der EL84

Fassung_Noval_250

Pinbelegung der Novalfassung im W19

Foto_Kreuzschienenverteiler_Feld1_150

Das Prüfstiftfeld 1 links oben auf dem Kreuzschienenverteiler korrespondiert mit dem Pin 1 der linken Abbildung

Die Pins 1 bis 7 sind wie folgt an das W19 anzuschalten:

Pin 1 hat lt. Sockelschaltung eine innere Verbindung und bleibt sicherheitshalber unbeschaltet.
Pin 2 ist mit der Anode verbunden und benötigt eine Verbindung mit der Anodengleichspannung des W19. Also Prüfstift 7.
Pin 3 hat eine innere Verbindung und bleibt sicherheitshalber unbeschaltet.
Pin 4 ist mit dem Hilfsgitter verbunden und benötigt eine Verbindung mit der Hilfsgitterspannung des W19. Also Prüfstift 17.
Pin 5 hat eine innere Verbindung und bleibt sicherheitshalber unbeschaltet.
Pin 6 ist mit dem Steuergitter verbunden und benötigt eine Verbindung mit dem Prüfschalter, der unterschiedliche Spannungen an das Steuergitter legt. Also Prüfstift 62.
Pin 7 ist mit der Kathode verbunden und benötigt eine Verbindung mit dem Nullpotenzial des W19. Also Prüfstift 59. Das Bremsgitter ist nicht separat herausgeführt, wodurch hierfür kein Prüfstift erforderlich ist.

3. Schritt: Auswahl der Anodenspannung
Die Auswahl der Prüfspannung ergibt sich aus dem Datenblatt. Vgl. hierzu das folgende Beispiel mit der AC 2. Die EL 84 wird mit 200 V Anodenspannung geprüft. Erforderlich ist für die EL 84 der Prüfstift 54.

4. Schritt: Auswahl der Hilfsgitterspannung
Die EL 84 wird mit 100 V Hilfsgitterspannung geprüft. Erforderlich ist der Prüfstift 33

5. Schritt: Auswahl des Messbereichs
Der Anodenstrom der EL 84 beträgt lt. Datenblatt im Arbeitspunkt (-7,3 V) 48 mA. Da wir die Emissionsmessung bei 0 V Gitterspannung vornehmen, wird bei neuen Röhren ein höherer Strom fließen. Damit das Instrument nicht gefährdet ist wählen wir den Messbereich 100 mA, der uns noch genügend Auflösung bietet. Wir wählen den  Prüfstift 65.

Damit ist die Prüfkarte fertig. Hier eine Darstellung des Kreuzschienenverteilers und der Karte 148 im Original.

Kreuzschienenverteiler_04_820
Karte148_820
Kennlinie_AC2_300

Kennlinienschar der AC 2

Jetzt bleibt noch die Frage nach der Skalierung der Prüfkarte. Wie das funktioniert möchte ich euch anhand der AC 2 zeigen. Die EL 84 eignet sich dafür nicht so gut, weil ich in den Datenblättern keine passende Kennlinie gefunden habe. Max prüft die AC 2 mit 100 V Anodenspannung. Welcher Zeigerausschlag ist zu erwarten?

Ein Blick auf die Kennlinie für 100 V Anodenspannung zeigt uns, dass die Röhre bei einer Gitterspannung von 0 V einen Anodenstrom von circa 9 mA führen muss.

Karte_82_500

Prüfkarte für die AC 2

Max hat den Pfeil auf der Prüfkarte bis 8,8 mA gezeichnet. Dieser sollte eigentlich den 100%-Wert für neue Röhren anzeigen. Warum er unter dem Nennwert von 9 mA geblieben ist liegt vermutlich daran, dass die Brennspannung des Glimmstabilisators bei steigendem Anodenstrom mehr und mehr fällt. Demnach beträgt die Anodenspannung bei der Emissionsprüfung nicht mehr ganz 150 V. Folglich erreicht der Anodenstrom auch nicht mehr den Wert lt. der Kennlinie. Vgl. hierzu die Ausführungen zum Glimmstabilisator.

Aus dem 100%-Wert lassen sich die anderen Werte rechnerisch ermitteln:

Unbrauchbar unterhalb von 40% = 8,8 mA * 0,40 = 3,5 mA. Max markiert jedoch 3,2 mA.
Gut oberhalb von 60% = 8,8 * 0,60 = 5,3 mA. Max markiert jedoch 4,8 mA.

Warum Max hier unter den rechnerischen Werten bleibt ist mir nicht bekannt.

 

Nachfolgend zwei Blankoprüfkarten. Max hat zum W20 solche herausgegeben. Sie sind für das W19 in gleicher Weise nutzbar.

Scan_Blanko_grün_820
Scan_Blanko_gelb_820