Und da haben wir schon das erste Problem. In Schalterstellung 12 ist ein Gitterwiderstand von 2000 Ohm (1 Watt) angeschaltet. Wenn man dem Gitter tatsächlich -100 V zuführt, fließt über den internen Gitterwiderstand ein Strom von 100 V / 2000 Ohm = 50 mA. Das entspricht einer Leistung von 100 V * 50 mA = 5 W. Der interne Gitterwiderstand würde zerstört. Damit am Gitterwiderstand maximal 1 W Wärmeleistung frei wird, darf die Gitterspannung nicht über -44 V hinausgehen. Der Strom über den Gitterwiderstand beträgt dann 44 V / 2000 Ohm = 22 mA. Die Wärmeleistung errechnet sich mit 44 V * 22 mA = 0,968 W. Leider enthält die Karte 201 keinen Warnhinweis hierzu.
Röhren kann man leistungslos steuern wie jeder weiß. Bei Betrachtung des recht niedrig bemessenen Gitterwiderstands muss man an die Gitterspannungsquelle leider recht hohe Anforderungen stellen. Eigentlich müsste man schon von einer “Gitterstromquelle” sprechen. Sie muss bei -44 V immerhin 22 mA abgeben können. Die Verwendung eines Potentiometers zur Spannungswahl ist damit erschwert, weil dieser ebenfalls eine hohe Belastbarkeit haben muss.
Das Problem lässt sich aber leicht lösen. Man führt die Messungen zur Kennlinienaufnahme nicht wie auf der Karte 201 beschrieben in Schalterstellung 12 durch sondern in Schalterstellung 14. Der Unterschied zwischen den Schalterstellungen 12 und 14 besteht nur in dem angeschalteten Gitterwiderstand. Dieser beträgt in der Schalterstellung 14 1002 kOhm, welcher die Gitterspannungsquelle nur minimal belastet. Man kann das leicht nachprüfen, indem man am stromlosen W19 mit einem Multimeter den Widerstand zwischen den Buchsen G1 und K in den Schalterstellungen 12 und 14 nachmisst.
Die Gitterspannungsquelle wird in Schalterstellung 14 bei -100 V nur mit 100 V / 1002 kOhm = 0,99 mA belastet. Das entspricht 100 V * 0,99 mA = 0,099 W.
Bei angeschlossener Gitterspannungsquelle darf man den Prüfschalter nicht zurückdrehen. Es kommt sonst zu Konfliktsituationen mit den Schlussprüfungen.
Wie nimmt man nun eine Kennlinie auf? Für Röhren kann man unterschiedliche Kennlinien aufnehmen. Wir sprechen hier nur über die Ug-Ia-Kennlinie bei Verstärkerröhren, die uns bei konstanter Anodenspannung die Anodenstromänderung entsprechend der Gitterspannungsänderung zeigt. Es macht Sinn, sich vor der Messung die vom Hersteller vorgegebene (Soll-) Kennlinie zu besorgen. Man findet sie mit etwas Glück in den Datenblättern bei Frank Pocnet.
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