Das Röhrenmeßgerät Funke W19 - Aufbau und Arbeitsweise

Die Prüfung magischer Augen

Stellen wir uns zunächst einmal die Frage, wie die Abstimmanzeiger an das W19 angeschaltet werden.

Noval075_250

Sockel EM84  u.a.

6 FG 6
6 HU 6
9 FG 6
EM 800
EM 84
EM 840
EM 85
EM 87
HM 85
PM 84
UM 84
UM 85

Betrachten wir die nebenstehende Sockelschaltung. Sie findet bei den genannten Abstimmanzeigeröhren Verwendung, ist also recht gebräuchlich.

Es fällt auf, dass die Röhre zwei Systeme enthält: eine Verstärkertriode (rechts) und das Anzeigesystem (links). Eigentlich erwartet man zwei Prüfkarten. Max macht es aber mit nur einer.

Die Prüfstifte sind wie folgt gesetzt:

Gemeinsame Kathode auf Kathode
Gitter Triode auf Gitter 1
Anode Triode auf Anode 1
Steuersteg auf Anode 1
Leuchtschirm auf Gitter 2    

60 V bei der EM 84
60 V bei der EM 84
150 V bei der EM 84

Die Kathode wird wie bei normalen Verstärkerröhren behandelt. Ebenso das Gitter der Triode. Es nimmt am Test der Steuerwirkung und des Vakuums teil.

Da das Gitter des Anzeigeteils bei allen Abstimmanzeigeröhren mit der Kathode verbunden ist, kommt ihm keine weitere Bedeutung zu.

Zur Emissionsprüfung in Schalterstellungen 12 bis 14 muss die Anode der Triode mit Spannung versorgt werden. Max verbindet sie mit einer Gleichspannung von 10 bis 200 V (Prüfstifte 49 - 54), also genau wie bei der Prüfung von Verstärkerröhren.

Den Steuersteg des Anzeigeteils verbindet Max mit der selben Anodenspannung wie die Triode. Das sollte den Leuchtwinkel weit öffnen.

Nun muss der Leuchtschirm noch mit einer Gleichspannung versorgt werden. Max verwendet hierfür seine zweite Gleichspannungsquelle, die Hilfsgitterspannung. Das ermöglicht, die Anode der Triode und den Leuchtschirm mit verschiedenen Spannungen zu betreiben.

Der Leuchtwinkel bleibt während der Prüfung unverändert. Das liegt daran, dass die Gitterspannung nicht verändert werden kann. Aber auch wenn sie verändert werden könnte, würde das nichts bewirken, da der Triode der Außenwiderstand fehlt und damit keinerlei Verstärkerwirkung erzielt wird.

Wie kann man auf einfache Weise den Leuchtwinkel während der Prüfung verändern? Nun, dazu muss der Triode ein Außenwiderstand gegeben werden. Das gelingt dadurch, dass wir den Prüfstift zur Messbereichswahl (hier 71) weglassen und statt dessen zwischen die Buchsen I und IV den erforderlichen Außenwiderstand schalten. Unten ein Foto des Versuchsaufbaus mit einer EM 84 als Testobjekt.

Die Originalprüfkarte kann leider nicht aufgelegt werden, weil sie die Buchsenreihe verdeckt. Mit meiner Schablone könnt Ihr die Lochpositionen leicht auslesen.

Foto_EM84_250

EM 84 von Siemens

Foto_Außenwiderstand_820

Leuchtwinkeltest mit einer EM 84  -  Das Instrument ist abgeschaltet (kein Stift 71)

Der Versuch läuft wie folgt ab:

1. Fehlerfreie EM 84 aufstecken. Dieser Versuch stellt keine Röhrenprüfung dar und kann keine Defekte (Schlüsse etc.) aufdecken.

2. Prüfschalter in Stellung 14 bringen. Die Schalterstellungen 12 und 13 eignen sich nicht. In Stellung 12 ist ein Gitterwiderstand von 2000 Ohm angeschaltet, der die Gitterspannungsquelle belastet. In Stellung 13 liegen aus dem W19 heraus -2 V am Gitter (Steuerwirkung prüfen).

3. Prüfstifte lt. nebenstehender Tabelle einsetzen

4. Außenwiderstand von 470 kOhm an die Buchsen I und IV anschließen

5. Gitterspannungsquelle an die Buchsen G1 und K anschließen. Ihr denkt daran, den Minuspol an G1 zu legen.
Ich habe mir ein altes Steckernetzteil umgebaut. Mit einem Potentiometer kann ich Gleichspannungen von 0 bis 20 V einstellen und den Leuchtwinkel so in weiten Grenzen verändern.

 

 

Falls sich der Leuchtwinkel nicht ganz schließen lässt, muss man ggf. die Anodenspannung erhöhen. Im Fall der EM 84 hat Max 60 V für die Emissionsmessung vorgesehen. Das ist für die Aussteuerung des Leuchtwinkels unzureichend.

Da das Instrument abgeschaltet ist und nun ein Außenwiderstand von 470 kOhm in Reihe zur Triode liegt, kann man die Anodenspannung bedenkenlos auf 150 V erhöhen. Dazu verwenden wir statt der Prüfstiftposition 51 die 53.

Bei euren Versuchen werdet Ihr folgende Feststellung machen. Verringert man die Anodenspannung, lässt sich die Länge der Leuchtbalken bis auf null verkürzen; erhöht man die Anodenspannung lassen sich die Leuchtbalken schließen.

So macht das Prüfen magischer Augen Spaß.

Steckerbelegung für die EM 84

Prüfstiftpositionen

Leuchtschirm

3

Steuersteg

7

Anode Triode

16

Steuergitter

22

Leuchtschirmspannung 150 V

34

Heizung 1

39

Heizung 2

45

Anodenspannung 60 V / 150 V

51 / 53

Kathode

59

Messbereich 1 mA

71 - entfällt

Außenwiderstand

Buchse I

Außenwiderstand

Buchse IV

Negative ext. Gitterspannung

Buchse G1

Nullpunkt ext. Gitterspannung

Buchse K

Foto_EM84_400

EM 84  -  teilweise ausgesteuert

Dieses Verfahren lässt sich auf alle magischen Augen anwenden. Grundregeln:

  • Prüfstifte entsprechend der Originalprüfkarte einsetzen. Dabei den Stift für den Messbereich (64 bis 71) weglassen!
  • Außenwiderstand lt. Datenblatt zwischen die Buchsen I und IV schalten.
  • Gitterspannungsquelle anschließen
  • Nur Schalterstellung 14 verwenden. Prüfschalter nicht durchdrehen!

Wer sich einen Adapter für dieses Verfahren bauen möchte, der ohne Fremdspannungsquelle auskommt, findet hier einen Bauplan und Hinweise zur Anwendung.

Wer das Ganze etwas aufwendiger haben möchte, kann sich den nachfolgend beschriebenen Adapter bauen.

Bedauerlicherweise ist die Verwendung der Originalprüfkarten zusammen mit dem Adapter nicht möglich. Ich habe abgewandelte Prüfkarten als Download zu Verfügung gestellt.

Zunächst das Schaltbild meines Adapters.

Schaltbild

Zur Funktion der Schaltung:

Die Prüfstifte auf den Sonderprüfkarten Lxxxx sind so gesetzt, dass an der Buchse IV aus dem Netztransformator eine Wechselspannung von ca. 155 V gegen Kathode zur Verfügung steht. Die Röhre wird  - abgesehen von der Heizung -  nur über diese Stromquelle versorgt.

Beginnen wir im gelben Teil der Schaltung. Die Diode D3 greift die negative Halbwelle ab. C3 glättet die Gleichspannung, welche über R7 und P1 herunter geteilt wird. An P1 können dann ca. -30 V bis 0 V eingestellt werden. Das reicht, um alle vorkommenden Typen auszusteuern. Der Schleifer von P1 ist über R8 und die Buchse G1 mit dem Steuergitter verbunden. Der Widerstand R8 hat für die Schaltung keine Bedeutung. Er dient als Schutzwiderstand, falls der Adapter in Prüfschalterstellung 6 aufgesetzt ist. Es entsteht dann eine Konfliktsituation mit der Schlussprüfung Gitter 1 gegen Kathode, die mit R8 neutralisiert wird.

Der grüne Teil versorgt die Triode mit Anodenspannung. An C1 steht eine Gleichspannung von ca. 210 V gegen Kathode. Diese wird über den Schalter S3 der Anode zugeführt. S3 erlaubt die Umschaltung der Außenwiderstände R2 bis R6 was leider erforderlich ist, weil die Abstimmanzeigeröhren recht unterschiedliche Werte benötigen. Folgende Werte sind einstellbar: 100k, 200k, 500k, 1M und 2M. Damit kann man alle Abstimmanzeiger prüfen. Die Sonderprüfkarten Lxxxx enthalten einen Hinweis auf den erforderlichen Außenwiderstand. Die Anodenspannung gelangt über die Buchse A1 zur Anode der Triode.

Die Leuchtschirmspannung wird aus dem blauen Teil der Schaltung gewonnen. Grundsätzlich steht S2 auf 210 V. Ist die Leuchtschicht ermüdet, kann man probeweise auf 420 V umschalten und sehen, ob noch ein Funktionsrest vorhanden ist. Die Hochspannung wird durch Spannungsverdopplung nach Greinacher mit D1/D2 und C1/C2 erreicht. Die Greinacherschaltung ist um so leistungsfähiger, je größer die Kapazitäten C1/C2 gewählt werden. Die genannten Werte reichen für die Anwendung aus. Da die 420 V schon etwas gefährlich sind, sollte man die Kapazitäten nicht unnötig erhöhen, um das Risiko möglichst gering zu halten. R1 dient der Entladung der Kondensatoren nach dem Abschalten des Geräts. Bitte denkt daran, dass beim Abnehmen des Adapters unten die Bananenstecker blanke Kontakte darstellen, an denen noch eine Restspannung der Kondensatoren anliegen kann. Die Leuchtschirmspannung wird über die Buchse G2 dem Leuchtschirm zugeführt. Die Sonderprüfkarten Lxxxx sind so gestaltet, dass der Leuchtschirm wie ein Hilfsgitter behandelt wird.

Die Brücke von der Buchse IV zur Buchse VII schließt das Instrument kurz. Es handelt sich um eine reine Sicherheitsmaßnahme.

Über der Röhre sind vier Widerstände von 100 Ohm gezeichnet. Sie befinden sich im W19; und zwar unmittelbar unter dem Kreuzschienenverteiler. Im Schaltplan von Max sind sie nicht eingezeichnet.

Der Schalter S1 ist sinnvoll, weil der Adapter nur in Prüfschalterstellung 14 betrieben werden darf. Es macht Sinn, zuerst den Prüfschalter in Stellung 14 zu drehen und dann erst den Adapter einzuschalten.

Die folgenden Bilder zeigen meinen Prototyp.

Prototyp2_400
Prototyp1_400

Prototyp von oben und unten gesehen

Die Untersicht des Prototyps zeigt die sechs Bananenstecker, die in die Buchsen des Kreuzschienenverteilers passen.

Hier nun Fotos vom fertigen Gerät.

Foto_Leuchtwinkeladapter_oben_400
Foto_Leuchtwinkeladapter_unten_400

Fertiges Gerät von oben und unten gesehen

Foto_Leuchtwinkeladapter_820

Fertiges Gerät beim Test einer UFM 11